«Ich bin eine Macherin»
Andrea Rütsche ist seit 30 Jahren als diplomierte Pflegefachfrau HF am Spital Uster tätig. Im Interview erzählt sie, wie sie etwas unerwartet eine Karriere als Führungskraft startete und warum sie heute voller Engagement auch als Wundexpertin tätig ist.
Wie sieht Ihre aktuelle Tätigkeit im Spital Uster aus?
Ich arbeite in einem 40%-Pensum. Einen Tag pro Woche bin ich in der Wundsprechstunde tätig – und das inzwischen auch schon seit über 15 Jahren. Den zweiten Tag arbeite ich in der Chirurgischen Tagesklinik.
Wie sieht Ihr Werdegang im Spital Uster aus?
Gestartet habe ich 1992 – direkt nach meiner Ausbildung zur diplomierten Krankenschwester. Eigentlich wollte ich zwei Jahre Arbeitserfahrung sammeln und dann weiterziehen. Ein knappes Jahr nach meinem Start wurde ich bereits stellvertretende Stationsschwester, wie es damals genannt wurde. Ich fühlte mich geehrt, dass ich mit 22 Jahren bereits eine solche Aufgabe übernehmen durfte. Und ein weiteres Jahr später konnte ich die Stationsleitung einer Chirurgischen Abteilung übernehmen.
Sie hatten also eine Management-Karriere gestartet?
Ja, 1994 machte ich die Ausbildung zur Stationsschwester. Und vier Jahre später wurde ich dann stellvertretende Oberschwester der Chirurgischen Klinik. Meine Aufgaben waren unter anderem die Bettendisposition und die Operationsplanung. Natürlich alles noch ohne Computer, sondern auf Papier und mit einer dicken Agenda. In dieser Zeit wurde auch die Anästhesie-Sprechstunde ins Leben gerufen. So wurden sogenannte nüchtern stationäre Eintritte möglich. Das bedeutet, dass Patient*innen am selben Tag operiert werden konnten wie sie eintraten. Anfangs 2000 gab es eine grosse Reorganisation im Pflegedienst. Die Stellen der Stations- und Oberschwestern wurden abgeschafft und dafür das Pflegemanagement eingeführt. So erhielten die Abteilungsleiter*innen mehr Kompetenzen und Mitspracherecht. Während dieser Übergangsphase leitete ich zwei chirurgische Abteilungen – eine noch als Oberschwester und eine bereits als Pflegemanagerin. Letztere führte ich bis 2003 weiter – dann wurde ich Mutter und habe mein Arbeitspensum reduziert.
Hatten Sie danach weiterhin eine Leitungsfunktion inne?
Nein, dann habe ich auf der Abteilung, die ich bis vor der Geburt des ersten Kindes geleitet habe, 20% als Pflegefachfrau gearbeitet. Aus meinen Mitarbeitenden wurden Kolleg*innen. Die zehn Jahre in Führungsfunktionen waren sehr spannend und herausfordernd. Rückblickend war ich manchmal auch etwas blauäugig. Meine damalige Chefin, Marianne Kunz, war auch eine Mentorin und Förderin. Sie hatte viel Vertrauen in mich und war überzeugt «Andrea kann das». Ich bin eine Macherin: Habe oft einfach etwas Neues angepackt und bei der Arbeit viel gelernt. Das Management vermisse ich nicht. Alles hat seine Zeit.
Wie haben Sie sich während den 30 Jahren weitergebildet?
Durch die Reorganisationen und Stellenwechsel durfte ich verschiedene Fort- und Weiterbildungen absolvieren. So zum Beispiel die Stationsleitungsausbildung und später auch die höhere Fachausbildung in Pflege. Und ich habe viele Fort- und Weiterbildungen im Bereich der Wundbehandlung besucht.
Was fasziniert Sie an der Arbeit in der Chirurgischen Tagesklinik und im Wundbehandlungszentrum?
Ich schätze die abwechslungsreiche Arbeit in diesen zwei Bereichen sehr. Die Zusammenarbeit mit meinen Kolleg*innen im Team der Tagesklinik ist sehr angenehm und die Betreuung der ambulanten Patient*innen spannend und kurzweilig. Die Arbeit im Wundambulatorium ist eine sehr schöne und spannende Ergänzung meiner Tätigkeit im Spital Uster. Das selbständige Arbeiten, die Nähe zu den Klinet*innen, die Beratung und das Begleiten der Menschen mit Wunden wird nie langweilig und fordert mich wöchentlich aufs Neue.
Welches Erlebnis aus Ihrem Arbeitsalltag werden Sie nie vergessen?
Die Millenniumsnacht! Da nicht absehbar war, wie technische Geräte mit der Jahrtausendwende umgehen würden, musste in dieser Silvesternacht aus jedem Bereich und jeder Führungsebene jemand im Haus sein. Meine Aufgabe war es, um Mitternacht über die chirurgischen Stationen zu gehen und zu kontrollieren, ob die vorhandenen technischen Geräte weiter arbeiteten. Im Restaurant gab es an diesem Abend ein grosses Silvesterbuffet und Ärztinnen, Ärzte, Pflegefachpersonen, Leute vom Technischen Dienst und weitere sassen zusammen und hatten es lustig. Direkt nach Mitternacht stürmte eine Leitende Ärztin aus der Frauenklinik ins Restaurant. Sie hielt ein Baby auf dem Arm und rief: «Wir haben das Millenniumsbaby!». Als sich herausstellte, dass sie sich einen Scherz erlaubte und das Baby auf dem Arm in der Tat eine Echtbabypuppe war, konnten wir uns kaum mehr halten vor Lachen.