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«Ich bin glücklich, kann ich wieder ohne Atemnot bergauf gehen» 16. November 2022

«Ich bin glücklich, kann ich wieder ohne Atemnot bergauf gehen»

Alenka J. hat COPD – eine chronische Erkrankung der Lunge. Die Krankheit entwickelte sich schleichend und blieb lange unbemerkt. Starker Husten, verschleimte Bronchien und die damit einhergehende Atemnot schränkten sie stark ein. Ein neuartiges Verfahren brachte ihr Besserung. Die 63-Jährige war die erste Patientin im Spital Uster, bei der eine sogenannte Rheoplastie in einem nicht-universitären Spital zum Einsatz kam.

Mit leuchtenden Augen blättert Alenka J. durch die Urlaubsbilder auf ihrem Smartphone. Vergangenen September verbrachte sie mit ihrer Freundin ein paar Tage in ihrem Heimatland Slowenien. Was das Besondere daran war? Seit mehr als 20 Jahren konnte sie erstmals wieder ohne Atemnot einen Berg hinaufgehen. Auch wenn nur langsam. Diese neu gewonnene Lebensqualität verdankt sie einer Rheoplastie, der sie sich im Sommer 2022 im Spital Uster unterzogen hat. Die 63-Jährige leidet seit Jahren an COPD Stadium 3 – der zweithöchsten Stufe der Erkrankung. Bei COPD produzieren die Atemwege überschüssigen Schleim, was zu chronischem Husten und Kurzatmigkeit führt. Die Lebensqualität der Betroffenen ist stark beeinträchtigt. «Eine Inhalationstherapie ist bei COPD die Basis der medikamentösen Behandlung, stösst aber an ihre Grenzen. Husten und Atemnot bessern sich kaum. Die Rheoplastie kann Betroffenen helfen. Während einer Lungenspiegelung (Bronchoskopie) wird die krankhafte Schleimhaut der Atemwege mit Hochfrequenzstrom entfernt. Die Zellen regenerieren sich und produzieren weniger Schleim», erklärt PD Dr. med. Daniel Franzen, der den Eingriff bei ihr vorgenommen hat.


COPD – eine schleichende Krankheit

Alenka J. wurde in Slowenien geboren und migrierte Anfang der neunziger Jahre mit ihrer Familie in die Schweiz. Zusammen mit ihrem Mann gründete sie 2000 ein eigenes kleines Unternehmen in der Gebäudereinigung. «Wir arbeiteten viel und wollten für uns und die Kinder eine sichere Zukunft aufbauen.» Mit Vierzig wurde sie jedoch krank. «Ich war ständig müde, erschöpft und hatte keine Kraft. Beruf, Familie und Haushalt zerrten an meinen Kräften.» Auffälligkeiten im Röntgenbild machten den Hausarzt stutzig. Er schickte sie zu einem Lungenspezialisten. Nach einer Bronchoskopie erfolgte die Diagnose: Sarkoidose – eine seltene entzündliche Systemerkrankung, die bevorzugt die Lunge befällt. Nach einer medikamentösen Therapie ging es ihr zwar besser und sie wollte unbedingt wieder arbeiten. Aber sie merkte schnell, dass das nicht mehr ging und erhielt schliesslich 50 Prozent Invalidenrente. Da ihr Vertrauensarzt pensioniert wurde, blieb sie vier Jahre ohne ärztliche Betreuung. Ihr Zustand verschlechterte sich. Eine erneute Abklärung zeigte eine COPD 3. Grades.

Gesund werde ich nicht mehr, aber es wäre schön, wenn es so bleiben würde wie es jetzt ist.

Rauchen als grösster Risikofaktor

«COPD entsteht, wenn Schadstoffe in die unteren Atemwege eindringen und die Lunge dauerhaft belasten – das setzt chronische Entzündungsprozesse in Gang», erläutert Franzen. «Welche Ursachen eine COPD im Einzelfall hat, ist oft schwer nachzuvollziehen. Den grössten Anteil hat aber eindeutig das Rauchen, auch das passive.» Frau J. erzählt: «Ich war langjährige Raucherin und konsumierte ein Päckchen am Tag. Dass dies einen Zusammenhang mit meiner Krankheit haben könnte, daran dachte ich überhaupt nicht.» Sie hörte nach der Diagnose sofort mit dem Rauchen auf. Die Krankheit war aber bereits fortgeschritten. Zwar brachten die medikamentöse Therapie und der Inhalator Besserung, aber die Atemnot war immens. «Es war beklemmend, manchmal war ich schon im Sitzen ausser Atem. Für den Notfall hatte ich stets Sauerstoff dabei.»


Neue Lebensqualität dank Eingriff

Eine schwere Atemnot während eines Urlaubs mündete in einem Spitalaufenthalt und schliesslich in einer Überweisung zu Lungenspezialist PD Dr. med. Daniel Franzen. Dieser konfrontierte sie mit der Tatsache, dass man ihre Symptome nur noch mit einer Lungenvolumenreduktion oder allenfalls mit einer Lungentransplantation verbessern könnte. Frau J. liess sich schliesslich von Dr. Franzen acht Ventile zur Lungenvolumenreduktion einsetzen. «Ich konnte nach dem Eingriff zwar wieder besser atmen, Husten und Schleim nahmen aber wieder zu.» berichtet sie. «Als mir Dr. Franzen von einem vielversprechenden Verfahren namens Rheoplastie erzählte, welches meine Beschwerden und den COPD-Verlauf verbessern könnte, hatte ich volles Vertrauen in ihn.» Sie unterzog sich dem Eingriff innerhalb eines Monats zweimal – je einmal pro Lungenflügel – und musste jeweils eine Nacht im Spital verbringen. Bereits nach dem ersten Eingriff fühlte sie sich viel besser. Die Schleimproduktion ging zurück, der Husten wurde weniger und das Atmen fiel ihr leichter. Seit dem Eingriff sind drei Monate vergangen. Frau J. verwendet nur noch einen Inhalator. «Ich kann wieder ohne Hilfe Bettwäsche wechseln. Das macht mich unglaublich glücklich. Gesund werde ich nicht mehr, aber es wäre schön, wenn es so bleiben würde wie es jetzt ist.»

Rheoplastie: Kurz erklärt

Im Zuge einer Lungenspiegelung (Bronchoskopie) wird mit Hilfe eines Katheters die krankhafte Schleimhaut der Atemwege mittels Hochfrequenzstrom entfernt. Der Eingriff erfolgt unter Vollnarkose.

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Text: Jana Eichenberger Headerbild: Jana Eichenberger