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«Ich wurde gefördert und gefordert» 03. September 2022

«Ich wurde gefördert und gefordert»

Thomas Widmer ist seit 30 Jahren als diplomierter Pflegefachmann und Disponent am Spital Uster tätig. Seine Arbeit lebt auch von guten Kontakten. Diese kommen ihm nicht nur im Spital, sondern auch bei seinem Ehrenamt zugute.

Wie starten Sie im Spital in den Tag?

Morgens verschaffe ich mir einen Überblick darüber, was in der Nacht lief. Oft begegnen mir noch die Mitarbeitenden der Nachtwache. Mein Weg führt auch über den Notfall. Dort hole ich die aktuelle Bettenliste ab und sehe nach, ob eine Patientin oder ein Patient demnächst vom Notfall auf die Bettenstation verlegt werden soll. Auf den meisten Abteilungen wird die Belegung digital geführt – ich könnte mir also auch am Computer ein Bild von der aktuellen Situation machen. Aber ich fühle gern den Puls. Ich möchte wissen, wie es den Mitarbeitenden wirklich geht. Nach acht Uhr bin ich beim Arztrapport dabei. Die Patientendisposition ist dort fix vertreten. Anschliessend widme ich mich dem Tagesgeschäft.


Wie sieht dieses aus?

Selten ruhig (lacht). In der Patientendisposition erhalten wir viele Telefonate. Unser Team koordiniert sämtliche geplanten Eingriffe und Spitalaufenthalte. Ich habe engen Kontakt mit Ärzten, Pflegenden sowie Patientinnen und Patienten. Solche, die über den Notfall eintreten, im Haus unterzubringen, gleicht manchmal einer artistischen Übung. Unser Ziel ist es, niemanden abweisen zu müssen. Wenn eine Patientin oder ein Patient stirbt, sind auch wir es, die das weitere Vorgehen organisieren. Dazu gehört der Kontakt mit den Angehörigen oder dem Bestattungsinstitut.


Was führt dazu, dass Sie dem Spital Uster 30 Jahre die Treue gehalten haben?

Es ist auf jeden Fall nicht die Faulheit, die mich hier hält. Angefangen habe ich als Ausbildner auf der Notfallstation. Drei Jahre später wurde ich zum stellvertretenden Oberpfleger berufen. Und dann – vor 22 Jahren – habe ich die Patientendisposition mit aufgebaut. Das Spital Uster hat mich immer gefördert, aber auch gefordert. Ich habe viel Verschiedenes machen können. War in Arbeitsgruppen mit dabei. Es ist auch mein Spital, das ich mit aufgebaut habe. Und ich bin nicht der Typ, der einfach geht, wenn es schwierig wird. Ausserdem erlebe ich viel Wertschätzung von meiner Vorgesetzten, der Ärzteschaft und anderen. Zudem habe ich gute Beziehungen zu vielen Kollegen und Kolleginnen, die es einfach wertvoll machen, hier zu arbeiten.


Gute Kontakte sind nicht nur das A und O in ihrer Funktion als Disponent, sondern auch für ihr soziales Engagement. Im Mai haben Sie im Intranet einen Aufruf platziert. Sie baten Mitarbeitende um Kleiderspenden für Geflüchtete aus der Ukraine. Das Resultat waren 30 Säcke voll Kleider.

Ja, die Kleidersammlung war ein grosser Erfolg und kam dem Kleiderabgabezelt der Heilsarmee in Zürich zugute. An dieser Stelle mein herzlicher Dank an alle Spenderinnen und Spender. Ich bin seit fast 40 Jahren ehrenamtlich in der Heilsarmee tätig. Während der Pandemie, zum Beispiel, konnte ich Masken direkt importieren und die Heime und Institutionen der Heilsarmee damit beliefern. Ein Kollege aus der Materialwirtschaft des Spitals hatte diesen Kontakt hergestellt. Und jetzt während der Flüchtlingskrise fuhr ich oft nach der Arbeit direkt nach Zürich an den Hauptbahnhof, um bei der Verpflegung der Flüchtlinge zu helfen. Aktuell beschäftige ich mich mit dem Aufbau einer Web App, die unsere Arbeit aufzeigt, auch im Flüchtlingsbereich. Und es gibt immer Bereiche, Situationen oder Lebenslagen, die einen Einsatz notwendig machen. Wer sich an das Swissair Grounding erinnern kann: Wir waren die ersten mit unserer Hilfeleistung beziehungsweise der Verpflegung der gestrandeten Passagiere am Flughafen. Und da hat das Spital Uster eine grosse Rolle gespielt. Dank der unkomplizierten Hilfe des damaligen Spitaldirektors konnten wir in der Rekordzeit von zwei Stunden Bouillon, Tee und Früchte bereitstellen, um die ersten Stunden zu überbrücken. Erst in einem zweiten Schritt haben wir dann warme Mahlzeiten in unserer eigenen, professionellen Küche in Zürich Oerlikon gekocht. Diese ehrenamtliche Arbeit ist für mich extrem wichtig. Mir geht es gut und ich will etwas davon an jene Menschen weitergeben, mit denen es das Schicksal oder Leben nicht so gut meint.


Sie haben, bedingt durch ihre Arbeit in der Bettendisposition, Kontakt mit vielen Menschen. Ich behaupte, hier kennt Sie fast jede und jeder. Welchen Umgang zwischen den Mitarbeitenden wünschen Sie sich?

Die Mitarbeitenden hier sind wertvoll. Viele sind engagiert und motiviert – auch junge Menschen. Ich finde es wichtig, dass Ihnen Sorge getragen wird. Für mich steht Loyalität zuoberst. Sie ist die Grundlage für eine gute Zusammenarbeit und muss auf Gegenseitigkeit, auch von der Leitung her, beruhen – Loyalität ist keine Einbahnstrasse.

Text: Rebecca Blatter