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«Das Spital war immer Teil unseres Lebens» 28. März 2022

«Das Spital war immer Teil unseres Lebens»

Maria und Nikolaos Kotsapoikidis blicken auf mehr als 90 Arbeitsjahre im Spital Uster zurück. Ein besonderes Jubiläum.

Diesen Sommer geht es nun in den wohlverdienten Ruhestand. Ihre Wurzeln haben beide im Norden von Griechenland in der Gegend um Thessaloniki. Den grössten Teil ihres Lebens haben sie in der Schweiz und im Spital Uster verbracht.

Alle nennen ihn Niko. Der Gruppenleiter Transport und Entsorgung nahm vor mehr als 48 Jahren seine Arbeit im Spital Uster auf. Als 15-Jähriger kam er zum Arbeiten in die Schweiz. Seine grosse Schwester Giorgia arbeitete bereits im Spital und vermittelte ihm eine Stelle. An die erste Zeit kann er sich noch gut erinnern: «Ich hatte nur einen Koffer mit einem Kissen dabei, das mir meine Mutter geschenkt hatte, und wenige Kleidungsstücke. Es war sehr kalt und ich musste als erstes am Ustermärt eine warme Jacke kaufen.» Damals war das Spital noch ein überschaubarer Betrieb, jeder kannte jeden. Niko arbeitete zu Beginn in der hauseigenen Schneiderei, die alle Berufskleider selbst herstellte. Mit 19 Jahren musste er in Griechenland den Militärdienst absolvieren und kam nach eineinhalb Jahren zurück. Zuerst arbeitete er im «Office», wo Geschirr und Besteck abgewaschen und alle anfallenden Arbeiten rund um Küche und Restaurant erledigt wurden. Später reinigte er die Operationssäle, sammelte die Schmutzwäsche im Haus und arbeitete beim Patiententransport, wo er Patientinnen und Patienten zum Röntgen oder zu Untersuchungen begleitete. Die charmante Art des jungen Griechen entlockte so mancher Patientin ein Lachen, wenn er sie zum «Ölwechsel» brachte, wie Niko es scherzend nannte. Mit den Jahren entstanden neue Bereiche und aus dem «Mann für alle Fälle» wurde Niko vom Transportdienst. «Früher wurde das Essen für die Krippe – bei jedem Wind und Wetter – zu Fuss mit dem Leiterwagen ausgeliefert und der 500 Kilo-Paletten-Rolli mit reiner Muskelkraft bewegt. Heute ist alles moderner und die Arbeit mit Hilfe von Maschinen einfacher.» Neben seiner Arbeit im Spital gehören Transporte zum externen Labor und zur Post oder er beliefert die Aussenstandorte MDZ Uster und Wallisellen.


Allzeit bereit

Fast alle Mitarbeitenden kennen Maria vom Hausdienst. Mit Sauberkeit und Ordnung nimmt sie es ganz genau. Neben ihrer Arbeit im Team der Spezialreinigung ist sie für das Forum, den grossen Veranstaltungsraum des Spitals, zuständig. Sie kennt das Forum aus dem Effeff und gibt es technische Probleme, weiss sie immer Rat. Maria kam 1977 in die Schweiz. Die damals 20-Jährige arbeitete zuerst als Haushälterin und Kindermädchen in Uster. Ihren Zukünftigen lernte sie zufällig auf einem Spaziergang vor dem Spital kennen. «In Griechenland wären wir uns wohl nie begegnet», schmunzelt Maria, wenn sie erzählt, wie sie ihren Niko kennengelernt hat. Im Jahr 1979 ging es dann Schlag auf Schlag: Hochzeit, Geburt der ersten Tochter und am 26. November Marias Stellenantritt im Spital Uster. Das Datum weiss sie noch ganz genau, denn ihre damalige Chefin bat sie, ein paar Tage früher anzufangen. Am ersten Arbeitstag half sie im Restaurant, am zweiten Tag ging es in den 3. Stock auf die damalige Privatstation. Hier arbeitete Maria elf Jahre und war für die Zimmerreinigung zuständig. «Das war meine schönste Zeit im Spital». Später wechselte sie in die neu entstandene Abteilung Hausdienst und wurde Mitarbeiterin mit erweiterten Aufgaben im Team der Spezialreinigung. An eine Geschichte kann Maria sich besonders gut erinnern: «Morgens um 2 Uhr klingelte das Telefon. Ich schreckte auf und dachte, es sei vielleicht etwas mit meinen Kindern. Doch es war ihre Chefin, die fragte, ob sie nicht schnell ins Spital kommen könnte. In dieser Nacht wurden so viele Babys geboren, dass es für eine weitere Geburt kein sauberes Gebärzimmer mehr gab. Der Pikett-Dienst der zuständigen Reinigungsfirma war aber nicht erreichbar. «Weil es mitten in der Nacht war, nahm ich ein Taxi, fuhr ins Spital und putzte die Gebärzimmer. Das war für mich Ehrensache.»


Familienleben auf Distanz

In der Mittagspause pendeln die beiden jeweils zu Fuss in die nahegelegene Wohnung. Sie haben immer in der Nähe des Spitals gewohnt und fühlen sich in Uster wohl. Auch die drei gemeinsamen Kinder erblickten im Spital Uster das Licht der Welt. Die beiden Erstgeborenen, ein Mädchen und ein Junge, wuchsen in Griechenland bei der Schwiegermutter auf. Im Sommer kamen die Kinder während der Ferien für drei Monate in die Schweiz und im September und zu Weihnachten reisten Maria und Niko jeweils in die Heimat. Keine einfache Zeit für die Eltern. «Wir wollten arbeiten und Geld sparen.» Um mit den Kindern trotz 2000 Kilometer Entfernung in engem Kontakt zu bleiben, telefonierten sie oft. «In einer Zeit ohne Facetime und Internet flatterte dann schon mal eine Telefonrechnung von 1000 Franken ins Haus», erzählt Maria. In den Neunzigern sollte es dann zurück nach Griechenland gehen – hätte es da nicht eine ungeplante Überraschung gegeben. Maria war wieder schwanger und erwartete ihr drittes Kind. Sie entschieden sich in Uster zu bleiben und die Nachzüglerin hier gross zu ziehen.


Viel Zeit für die Familie

Fünf Spitaldirektoren, 20 Vorgesetzte, unzählige gelaufene und gefahrene Kilometer, tausende von gestapelten Stühlen, gewaschenen Vorhängen und geputzten Fenstern: Auch das Spital hat sich in den vergangenen Jahrzehnten verändert und weiterentwickelt. Es wurde nicht nur grösser – heute arbeiten sehr viel mehr Menschen hier als früher. Während ihrer Arbeit kommen beide überall im Haus herum. «Uns war es immer wichtig, dass der zwischenmenschliche Kontakt trotz der Grösse des Hauses bestehen bleibt.» Kam denn niemals der Gedanke auf sich beruflich zu verändern? «Nein, wir haben immer gerne im Spital Uster gearbeitet. Besonders schätzen wir die familiäre Atmosphäre und die Kollegen.» Natürlich gab es wie in einer Ehe gute und auch schlechte Zeiten, doch die guten überwiegen bei weitem. Nun freuen sich Maria und Niko auf den Ruhestand und die neue Freiheit. Was sie mit so viel Freizeit anfangen werden? «Natürlich mit der Familie und den Enkeln in Griechenland viel Zeit verbringen.» Da die jüngste Tochter fest in Uster verankert ist, bleiben sie aber hier wohnen. Maria kann sich ihren geliebten weissen Orchideen widmen und Nico nach einem ausgiebigen Spaziergang für eine Runde Jassen ins Restaurant «Poseidon» einkehren. Eines ist sicher: Auch nach ihrem letzten Arbeitstag bleiben sie mit dem Spital Uster verbunden und freuen sich schon heute auf das erste Pensioniertenessen, Begegnungen mit alten Kollegen auf der Strasse oder bei einem Kaffee. «Trotz aller Vorfreude werden wir das Spital und die Kollegen sicher vermissen. Es wird immer ein Teil unseres Lebens bleiben.»


Text: Jana Eichenberger Headerbild: Sarah Buob