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Alles ist mit  allem verknüpft 03. August 2023

Alles ist mit allem verknüpft

In einem Spital ist die Architektur der Informatik (ICT) hochkomplex. Um einen störungsfreien Betrieb zu gewährleisten, gilt es, Dutzende untereinander gekoppelte Systeme im Blick zu behalten. Patrick Bianco, CIO am Spital Uster, gibt Einblick in den Alltag der ICT-Abteilung.

Euer Support-Team sei das Gesicht der ICT, sagst du. Wie meinst du das?  

Unser Support-Team ist die Schnittstelle zwischen der Informatikabteilung und den Nutzern. Unsere Supporter setzen sich ein, wenn ein technisches Problem mit einem Computer oder Peripheriegerät wie Bildschirm, Drucker, Scanner, Kamera etc. besteht. Man kennt sie im Haus. Sind sie freundlich, hilfsbereit und kompetent, so beeinflussen sie massgeblich das Image der gesamten Abteilung. Sie können dazu beitragen, das Vertrauen in die ICT zu stärken und die allgemeine Zufriedenheit der Anwender*innen zu erhöhen. Tatsächlich besteht unser ICT-Team aber aus wesentlich mehr Personen als dem Support-Team, das von unserer Arbeit nur die Spitze des Eisbergs abbildet. Der grösste Teil der Arbeit findet im Hintergrund statt und wird oft gar nicht bewusst wahrgenommen.


Wie kann man sich die Arbeit im Hintergrund vorstellen?

Unsere ICT stellt mit oberstem Ziel einen reibungslosen, stabilen und sicheren Infrastrukturbetrieb zur Verfügung und entwickelt die Applikationen permanent weiter. Damit alle Systeme einwandfrei funktionieren, müssen diese ständig gewartet werden. Führe dir vor Augen, wie regelmässig du bei deinem Smartphone an Updates erinnert wirst. Hier reicht ein Fingerklick aus und dein Gerät ist wieder auf dem neusten Stand. Im Spitalumfeld erfordern diese Updates Tage oder gar Wochen an Vorarbeit. Bei mehreren Hundert Applikationen haben wir dafür zu sorgen, dass sämtliche Systeme reibungslos funktionieren, vor Hackerangriffen geschützt, upgedatet oder – bei Auslaufprodukten – rechtzeitig abgelöst werden. Wird ein wichtiges System abgelöst, so bedeutet das, dass teils schon Jahre im Voraus ein Projekt dazu gestartet werden muss. Dabei müssen die Bedürfnisse der Endnutzer ebenso geklärt werden wie die Abhängigkeiten des Systems von seiner Umgebung. Da im Spital unglaublich viele Systeme miteinander verknüpft sind und gegenseitig Daten austauschen, kann eine kleine Änderung schnell gravierende Auswirkungen auf andere Anwendungen haben und so einen Rattenschwanz nach sich ziehen, der Geld und Personalressourcen kostet.


Dazu benötigt es unterschiedlichste Fähigkeiten im Team.

Richtig. Das Berufsfeld der ICT ist sehr breit und in gewissem Sinne gut mit der Medizin vergleichbar. Obwohl alle Ärztinnen und Ärzte Medizin studiert haben, hat ein Orthopäde kaum Kenntnisse in der Dermatologie und umgekehrt. Genauso ist es in der ICT. Ein Systemtechniker löst keine Anwenderprobleme, eine Projektleiterin konfiguriert keinen Server und ein ICT-Supporter setzt keine Change-Requests um. Nur im Zusammenspiel von Systemtechnik, Applikationsbetreuung und Fähigkeiten in der Projektumsetzung können Systeme erfolgreich unterhalten, neu implementiert und weiterentwickelt werden. Ausserdem muss klar sein, worin der gegenwärtige und der mögliche zukünftige Nutzen der Anforderung liegt. Nur so kann gewährleistet werden, dass das ICT-Fundament sauber auf den Überbau abgestimmt ist. Aufgrund der vielen Abhängigkeiten ist alles viel komplexer und leider oft auch kostenintensiver, als es scheint.   

Im Spital müssen sämtliche Systeme 24/7 ununterbrochen zur Verfügung stehen.

Kannst du ein Beispiel machen?

Nehmen wir als Beispiel den Service «Homeoffice». Der technische Zugang bedeutet kostenmässig Folgendes: Der oder die Mitarbeitende benötigt eine Microsoft- sowie eine Homeoffice-Lizenz, die den Zugriff auf die Spitalumgebung von zu Hause aus erlaubt. Der Zugriff wiederum erfordert eine SMS-Passwort-Authentifizierung, die durch das Versenden der SMS und den Unterhalt des Servers ihrerseits Kosten verursacht. Zusammen mit dem Personalaufwand für den Support, das Einrichten der Arbeitsumgebung, den Unterhalt und die Weiterentwicklung summieren sich pro Person Kosten von mehreren Hundert Franken jährlich. Für eine Einzelperson sind diese durchaus überschaubar. Arbeitet ein Viertel der Belegschaft vom Homeoffice aus, sprechen wir hingegen von Kosten im mehrstelligen Zehntausenderbereich.  


Und diese Abhängigkeiten sind natürlich bei wichtigen Spitalapplikationen sehr viel komplexer ...

Oh ja. Sämtliche medizintechnischen Geräte müssen zum Beispiel in unser Spitalnetzwerk eingebunden werden. Hier sind schon einmal drei Teams inkl. des Technischen Dienstes am Werk. Hinzu kommen die Antragstellenden und externen Lieferanten mit Wünschen und Bedingungen, die berücksichtigt werden müssen. ­Häufig sollen dann die Daten direkt im Klinikinformationssystem verfügbar sein, was technische Schnittstellen erfordert. Nur so können Patienteninformationen in strukturierter Form jederzeit und ortsunabhängig zur Verfügung gestellt werden. Ausserdem müssen Daten oft mit dem Leistungsverrechnungssystem gekoppelt sein, damit abgerechnet werden kann. Allein in der Radiologie beschäftigen wir für die Betreuung und Weiterentwicklung der vielen Geräte der bildgebenden Diagnostik einen Informatiker mit vollem Arbeitspensum.


Was unterscheidet die ICT eines Spitals von derjenigen eines ähnlich grossen Unternehmens?

Die ICT im Spital zeichnet sich für mich durch folgende Hauptmerkmale aus: erstens durch den Sicherheitsaspekt. Wir haben es im Spital mit hochsensiblen und schützenswerten Daten zu tun. Zweitens müssen die Hauptsysteme ununterbrochen 24/7 zur Verfügung stehen inkl. Notfallplanungen. Drittens durch die hohe Komplexität, wie sie sich aus Hauptapplikationen und der medizinischen Geräteanbindung ans Spitalnetzwerk ergibt sowie aus der Vielfalt an Gerätschaften und Spezialanwendungen wie beispielsweise der Bildgebungssysteme für radiologische Untersuchungen.

Text: Sarah Buob Headerbild: Sarah Buob