«Die Digitalisierung war bahnbrechend»
Beatrice Würzer ist Leiterin Radiologiefachpersonen am Spital Uster und feierte 2023 ihr 25-jähriges Jubiläum als Mitarbeiterin.
Im Interview berichtet sie über diese Zeit und die enormen Entwicklungen und
Fortschritte innerhalb ihres Berufsfelds.
Du warst am Spital Uster nicht nur in der Radiologie tätig?
Ich startete am Spital Uster in der Patientendisposition, wo ich acht Jahre lang blieb. Erst dann wechselte ich zurück in meinen angestammten Beruf. Da ich nach meiner mutterschaftsbedingten Auszeit lange in anderen Arbeitsfeldern tätig gewesen war, musste ich erst wieder Tritt fassen. Die Entwicklung in der Radiologie hatte rasante Fortschritte gemacht. Man stelle sich vor, dass ich während meiner Ausbildung zur Radiologiefachfrau HF noch lernte, Röntgenaufnahmen auf einem speziellen Röntgenfilm zu erstellen, den wir danach in der Dunkelkammer entwickelten.
Das hört sich an wie aus einer anderen Zeit.
(Lacht) Ja. Das Handwerk war ein anderes. Der Prozess war zeitintensiv und das Material teuer. Man überlegte sich zweimal, ob eine Röntgenaufnahme Sinn ergab oder nicht.
Obwohl es damals nicht weniger Unfälle gab als heute ...
Richtig. Man steckte damals mehr Zeit in die Untersuchung und versuchte anhand von Techniken, eine Diagnose zu erhärten. Bestand bei einem Kind der Verdacht auf eine Handgelenkfraktur, so gab man ihm einen Becher mit Sirup in die verunfallte Hand. Anhand der Reaktion konnte man ablesen, ob eine weitere Untersuchung gerechtfertigt war.
Heute sind bildgebende Verfahren Standard.
Ja. Nicht nur hat sich die Technik massiv verbessert und ist ungemein schnell geworden, wir haben auch aufgeklärtere Patientinnen und Patienten mit einer gewissen Erwartungshaltung. Dass wir in kurzer Frist eine MRI-Abklärung machen können, ist für uns normal. Wir sind da in der Schweiz sehr verwöhnt. Eine kroatischstämmige Person, die kürzlich bei uns in der Radiologie-Abteilung einen Schnuppertag absolvierte, führte uns vor Augen, dass es in ganz Kroatien lediglich zehn Magnetresonanztomografen gibt. Das muss man sich mal bewusst machen.
Künstliche Intelligenz wird in der Radiologie Einzug halten.
Wie hat sich die Arbeit in der Radiologie weiter verändert?
Bahnbrechend war die Digitalisierung. Heute sind sämtliche radiologischen Bilder digital verfügbar. Das hat die Archivierung, Übertragung und Analyse von Bildern erheblich verbessert. Und wie bereits erwähnt: die Technologie hat sich massiv weiterentwickelt. Dank moderner Geräte können wir heute mit minimalen Strahlendosen arbeiten, ohne Kompromisse bei der Bildqualität eingehen zu müssen. Das hat sogar dazu geführt, dass Strahlenschutzmittel für Patientinnen und Patienten abgeschafft werden konnten.
Kannst du das konkretisieren?
Früher wurden Patientinnen und Patienten beim Röntgen immer mit einer Bleischürze zugedeckt. Wissenschaftliche Untersuchungen bestätigen, dass dies dank moderner Technik, einer korrekten Indikationsstellung und gut geschultem Personal nicht mehr nötig ist. Die Eidgenössische Kommission für Strahlenschutz (KSR) hat deshalb empfohlen, keine Strahlenschutzmittel mehr einzusetzen. Dies unabhängig von Alter oder Schwangerschaft. Diese Neuerung wird schweizweit eingeführt. Viele Spitäler – darunter auch das Kinderspital Zürich – übernahmen sie bereits 2023. Das bedeutet nicht nur für die Patientinnen und Patienten ein Umdenken, sondern auch für uns.
In zwei Jahren wirst du pensioniert. Wie wird sich deine Branche deiner Ansicht nach weiterentwickeln?
Ich bin gespannt. Was für mich bereits klar ist: Die künstliche Intelligenz wird in der Radiologie immer stärker Einzug halten. Bereits heute kann man sagen, dass der Computer Strukturen und Bilder sowie die Markierung von Anomalien präziser identifizieren kann als der Mensch. Es zeichnet sich ab, dass sich das Berufsfeld in der Radiologie weiter verändern wird. Die Frage ist nur, wie schnell diese Veränderungen auf uns zukommen werden.
Werden Radiologiefachpersonen zukünftig noch benötigt?
Auf alle Fälle! Wir arbeiten sehr direkt an und mit den Patientinnen und Patienten. Wir führen die Bildgebungsverfahren durch, verabreichen – wo nötig – Kontrastmittel und bedienen und überwachen die Geräte so, dass hochwertige, möglichst standardisierte Bilder entstehen. Dabei stellen wir sicher, dass die Sicherheitsrichtlinien eingehalten werden. Nicht zu vernachlässigen ist ausserdem der emotionale Aspekt unserer Arbeit: Wir klären die Patientinnen und Patienten auf, beantworten ihre Fragen und nehmen ihnen mögliche Ängste. Computer werden diese Arbeiten nicht für uns übernehmen können.